Fahrerassistenzsysteme (FAS) haben mittlerweile auf breiter Front Einzug gehalten. Selbst in Klein- und Kompaktwagen werden komplexe, sensorbasierte Systeme wie z.B. Kollisionswarner angeboten. Eine Entwicklung, die sich in den nächsten Jahren noch verstärken wird. Allen heute angebotenen Systemen ist aber eines gemeinsam: Sie assistieren nur – die Kontrolle und Verantwortung verbleibt beim Fahrer.
Zeit also, die nächste Stufe zu erklimmen. Die Automobilhersteller und Zulieferer skizzieren derzeit unter großer öffentlicher Aufmerksamkeit die Vision des automatisierten oder autonomen Fahrens:
- Mercedes-Benz lässt eine S-Klasse autonom auf einer Stadt- und Überlandstrecke von Mannheim nach Pforzheim fahren.
- Audi lässt einen A6 selbsttätig einparken, während der Fahrer daneben steht.
- BMW bewegt einen 2er ohne Zutun des Fahrers im Grenzbereich und im Drift.
- Google legt mit einer Flotte von autonomen Fahrzeugen bereits mehr als eine halbe Million Kilometer auf öffentlichen Straßen zurück.
Alle arbeiten also mit Hochdruck am selbstfahrenden Auto. Doch was sind die Herausforderungen, damit die heutigen Systeme dem Fahrer nicht nur assistieren sondern automatisiert ohne sein Zutun fahren? Und was sagen die Kunden zu dieser Entwicklung?
Die technischen Voraussetzungen
Um mit ACC auf der Autobahn die Geschwindigkeit und den Abstand zum Vordermann zu regeln, während der Fahrer lenkt und kontrolliert, reicht ein überschaubares Set an Sensoren und ein grobes Abbild der Fahrzeugumgebung aus. Um ein Fahrzeug aber autonom durch eine hochkomplexe, nicht vorhersehbare Verkehrssituation manövrieren zu lassen, benötigt man ein präzises und umfassendes Modell der Fahrzeugumgebung. Und dann bleibt immer noch die imposante Aufgabe, aus dieser Datenflut in Echtzeit die richtigen Steuerungsimpulse zu berechnen.
Die rechtlichen Voraussetzungen
In der Wiener Straßenverkehrskonvention von 1968 ist festgeschrieben, dass der Fahrer jederzeit die Verantwortung für die Führung seines Fahrzeugs hat und es jederzeit beherrschen können muss. Selbst wenn das Auto besser fahren könnte als der Fahrer: derzeit darf die Technik dem Fahrer die Verantwortung nicht abnehmen. Aktuell wird diskutiert, unter welchen Voraussetzungen zukünftig von dieser Regelung abgewichen werden könnte. Und daran anschließend, welche haftungsrechtlichen Auswirkungen diese Übertragung der Verantwortung bedeuten würde.
Die Stufen der Automatisierung
Der Schritt vom assistierten zum autonomen Fahren wird sich daher nicht schlagartig vollziehen. Die Bundesanstalt für Straßenwesen (bast) unterscheidet vier verschiedene Stufen der Unterstützung, die als schrittweise Entwicklung zum autonomen Fahren verstanden werden können:
- Assistiert: Der Fahrer trägt immer die Verantwortung und muss selbst lenken oder bremsen
- Teilautomatisiert: Der Fahrer trägt immer die Verantwortung, aber das Fahrzeug fährt selbst
- Hochautomatisiert: Das Fahrzeug trägt zeitweise die Verantwortung und fährt selbst
- Vollautomatisiert: Das Fahrzeug trägt die Verantwortung und fährt selbst
Der Grad der Verantwortungsübergabe macht also den Unterschied. Und an diesem Punkt rückt der Fahrer in den Fokus.
Der Fahrer und seine Verantwortung
Um die Unterschiede der Automatisierungsstufen zu verdeutlichen führt die Bundesanstalt für Straßenwesen (bast) beispielhaft Systeme auf: Autobahnassistent, Autobahn-Chauffeur und Autobahnpilot. Die unscharfe begriffliche Abgrenzung deutet bereits auf das Problem hin: Solange die Fahrzeugsysteme gemäß ihrer Systemgrenzen ordnungsgemäß regeln, muss der Fahrer nicht eingreifen und damit auch nicht „seiner Verantwortung gerecht werden“. Damit fehlt ihm allerdings die Möglichkeit, die Automatisierungsstufen auf Basis ihrer Funktionsweise zu unterscheiden: Sie fühlen sich gleich an.
Hier sind nun die Hersteller gefordert. Sie müssen ein Anzeige- und Bedienkonzept für diese Fahrerassistenzsysteme entwickeln, das dem Fahrer zum einen zweifelsfrei vermittelt, in welchem Automatisierungsmodus er sich gerade befindet („mode awareness“). Zum anderen muss ihm jederzeit bewusst sein, in welcher Situation er sich befindet („situation awareness“).
Das Auto überwacht den Fahrer
Doch nicht nur der Fahrer muss sein Auto verstehen, sondern auch das Auto seinen Fahrer. Setzt eine Automatisierungsstufe voraus, dass der Fahrer die Kontrolle ausübt, muss das Fahrzeug sicherstellen, dass der Fahrer dieser Kontrollaufgabe nachkommt: ACC regelt nur, wenn der Fahrer angeschnallt auf seinem Sitz ist. Ein Spurhaltesystem lenkt nur, wenn der Fahrer mindestens eine Hand am Lenkrad hat. Ein Autobahnchauffeur würde nur automatisiert fahren, wenn sicher ist, dass der Fahrer in einer bestimmten Zeit das Steuer übernehmen könnte: Wenn er eine Zeitung liest, schläft oder den Fahrersitz verlassen hat, könnte das schwierig werden.
Das Auto muss zukünftig also eine viel genauere Kenntnis davon haben, was der Fahrer gerade macht. Je genauer der Fahrer allerdings überwacht wird, desto eher besteht die Gefahr, dass er bevormundet wird: Ein Autobahnassistent wird abgeschaltet, wenn der Fahrer seinen Blick zu oft von der Fahrbahn abwendet, da er seiner Kontrollaufgabe nicht nachkommt. Der Müdigkeitsassistent warnt der Fahrer nicht nur, sondern bringt das Fahrzeug selbstständig auf dem Standstreifen zum Stehen, da der Fahrer zu müde zum Fahren ist.
Was denkt der Kunde?
Wie geht nun der Kunde mit diesen mächtigen Assistenzsystemen um? Aus den veränderten Rollen von Fahrer und Fahrzeug ergeben sich einige Fragen, deren Antworten über (Markt-) Erfolg und Misserfolg der neuen Technik entscheiden werden:
- Welchen Nutzen erhofft sich der Fahrer von den einzelnen Automatisierungsstufen?
- Welche Befürchtungen hegt der Kunde gegenüber den neuen Assistenzfunktionen?
- Wie werden die verschiedenen Systeme in der Praxis genutzt?
- Wo erlebt der Fahrer in der Praxis störende Systemgrenzen?
- Wie gelingt es dem Fahrer, die unterschiedlichen Automatisierungsstufen zu unterscheiden und seiner Verantwortung gerecht zu werden?
- Wie gewinnt der Fahrer ausreichend Systemvertrauen, um seine Verantwortung für die Fahrt an sein Fahrzeug zu übergeben?
- Wie viel Zeit gewinnt der Fahrer eigentlich für andere Tätigkeiten?
- Was möchte der Fahrer mit dieser gewonnenen Zeit gerne machen?
- Wie muss sich der Fahrerplatz verändern, wenn er nicht mehr ausschließlich zum Fahren da ist?
- Wie verändert sich das emotionale Verhältnis zum Fahrzeug, wenn der Fahrer in vielen Situationen zum Passagier wird?
Das Erforschen der Einstellung der Konsumenten zu Fahrerassistenz (FAS) und autonomes Fahren spielt im Spiegel Institut Mannheim seit einigen Jahren eine zunehmende Rolle. Eine Metaanalyse über die bereits durchgeführten Studien zeigt:
Grundsätzlich positiv bewertet: FAS steigern die Sicherheit und den Komfort.
- Warncharakter: Dauerhaft eingreifende Systeme werden noch skeptisch beurteilt.
- Umfassende Unterstützung: FAS nicht nur für einzelne, spezifische Situationen
- Kontrolle behalten: Jedes FAS muss überstimmt und abgeschaltet werden können.
- Klarer Status: Systemstatus muss jederzeit klar vermittelt werden, um FAS überwachen zu können.
- Intuitives Bedienkonzept: Auch Neulinge müssen mit FAS-Bedienung zurechtkommen.
- Akustische Rückmeldungen nerven: Diskrete Warnungen (Anzeigen, Vibration) werden bevorzugt.
- Autonomes Fahren: Sorge um Verlust von Fahrspaß und Fahrkönnen
Wir analysieren:
Das Spiegel Institut Mannheim bietet mit seinen innovativen Forschungsmethoden und Tools vielfältige Möglichkeiten zur Forschung in den Bereichen Fahrerassistenzsysteme und autonomes Fahren:
- produktbegleitender Langzeit-Feldversuch von Fahrzeug-Flotten mit automatisierten Funktionen durch Foren und Online-Tagebuch mittels unseres Tools logInsight®
- Fokusgruppen
- Expertenbefragungen zum Thema Autonomes Fahren
- bevölkerungsrepräsentative Befragungen zur Entwicklung des autonomen Fahrens
- Lead-User-Workshops, beispielweise zur Funktionsauslegung und Gestaltung des Anzeige und Bedienkonzepts automatisierter Funktionen
- Innovatoren-Workshops zur Ermittlung der Anforderungen, die an Funktionen des automatisierten Fahrens gestellt werden
- Entwicklung von neuen Konzepten und Ideen im Concept Lab
- Konzepttests (Fahr- und Standclinics)
Wir konzipieren:
Das Spiegel Institut Mannheim ist der erfahrene Partner für die Konzeption von intuitiven Anzeige- und Bedienkonzepten für alle Stufen der Fahrerassistenz:
- Ganzheitliche und innovative Interaktionskonzepte für Concept Cars zum autonomen Fahren
- Bedienkonzept-Roadmap für eine schrittweisen Einführung der unterschiedlichen Automatisierungsstufen
- Integration neuer Assistenzsysteme in ein bestehendes Anzeige- und Bedienkonzept
- Optimierung bestehender Anzeige- und Bedienkonzepte für alle Fahrerassistenzsysteme
- Prototypische Umsetzung neuer Anzeige- und Bedienkonzepte
- Iterative Tests neuer Anzeige- und Bedienkonzepte mit der relevanten Zielgruppe